BSG-Urteil - Krankengeld auch bei verspäteter Meldung der Krankschreibung

News-Artikel vom: 10.08.2024

Das Krankengeld ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung . Es wird bei einer länger als sechs Wochen dauernden Krankheit als Ersatz für den entstehenden Verdienstausfall gezahlt und beträgt 70 Prozent des regelmäßigen beitragspflichtigen Arbeitsentgelts. Voraussetzung für den Bezug von Krankengeld ist die ärztliche Feststellung der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bzw. der Beginn einer Krankenhaus- oder Reha-Behandlung.

Bei Arbeitnehmern greift in der Regel in den ersten sechs Wochen einer Erkrankung die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers. In dieser Zeit ruht der Krankengeldanspruch. Die Krankengeldzahlung erfolgt daher erst ab der siebten Woche. Das gilt auch für freiwillig gesetzlich versicherte Selbständige mit Krankengeldanspruch. Selbständige können wählen, ob sie sich mit oder ohne Krankengeldanspruch versichern wollen.
 

Wichtig für Krankengeldanspruch - rechtzeitige AU-Meldung

Für den Beginn der Krankengeldzahlung ist das Datum der Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse von zentraler Bedeutung. Früher war dies eine Obliegenheit der Versicherten. Seit 1.1. 2021 sind die krankschreibenden Ärzte verpflichtet, Arbeitsunfähigkeitsdaten unmittelbar elektronisch an die Krankenkassen zu übermitteln. Seit 1. Januar 2022 muss die Übermittlung im Rahmen der eAU (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) erfolgen. Seit 1. Januar 2023 erhält auch der Arbeitgeber die AU-Daten elektronisch von den Krankenkassen.

Das Bundessozialgericht hat sich in einem höchstrichterlichen Urteil (BSG-Urteil v. 30.11.2023 - Az.: B3 KR 23/22 R) Ende vergangenen Jahres mit der Frage befasst, welche Rechtsfolgen eine Obliegenheitsverletzung bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit für die Krankengeldzahlung hat. In dem Verfahren ging es um eine von einer Krankenkasse beantragte Revision gegen frühere Entscheidungen eines Sozial- und Landessozialgerichts.
 

Arztversäumnis darf nicht zu Lasten von Versicherten gehen

In dem Fall hatte ein Kläger die Zahlung von Krankengeld eingeklagt. Der Kläger war am 31.3.2021 arbeitsunfähig erkrankt. Bis 11.5.2021 erfolgte die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Ein kassenärztlicher Vertragsarzt attestierte das Fortbestehen der Erkrankung vom 11.5.2021 bis zum 21.7.2021. Die dafür ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden vom Kläger erst am 28.7.2021 bei der Krankenkasse vorgelegt. Diese verweigerte daraufhin die Krankengeldzahlung mit der Begründung, dass die Krankmeldung erst verspätet erfolgt sei und der Krankengeldanspruch in der Zeit vorher geruht habe.

Diese Argumentation ließen weder die Vorinstanzen, noch die BSG-Richter gelten. Die Pflicht zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit habe mit der seit 1.1.2021 geltenden Rechtslage beim Vertragsarzt gelegen, nicht bei dem Versicherten. Das (verspätete) Datum der Einreichung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Kläger sei daher für den Krankengeldanspruch unerheblich. Durch die zum 1.1.2021 in Kraft getretene Neuregelung seien die gesetzlich Versicherten von ihrer Meldepflicht befreit worden. Die Verpflichtung sei vom Gesetzgeber bewusst auf die Vertragsärzte der Krankenkassen übertragen worden. Die Unterlassung einer rechtzeitigen Meldung durch den Kassenarzt dürfe nicht zu Lasten der Versicherten gehen. Dem stehe auch nicht entgegen, wenn im fraglichen Zeitraum eine elektronische Übermittlung der AU-Daten durch die Arztpraxis noch nicht möglich gewesen sei.

 


 

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