Konflikt mit meinem PKV-Anbieter - wie gehe ich am besten vor?

Im Regelfall läuft das Vertragsverhältnis mit einem privaten Krankenversicherer störungsfrei. Doch manchmal kommt es doch zu Konflikten - meist dann, wenn die Versicherung die Erstattung von Kosten verweigert oder nur teilweise erstattet. Ein solcher Konflikt muss nicht zu einem Rechtsstreit führen - das ist tatsächlich nur selten der Fall. Es gibt eine ganze Reihe an Möglichkeiten, im Vorfeld mit dem Versicherer zu einem Einvernehmen zu kommen.
 

Worum es bei Konflikten meistens geht

Folgt man dem Tätigkeitsbericht 2019 des Ombudsmanns private Kranken- und Pflegeversicherung, dann waren Gebührenstreitigkeiten mit einem Anteil von 20,4 Prozent die häufigsten bearbeiteten Streitfälle. Auf den Plätzen 2 und 3 folgten Konflikte wegen „medizinischer Notwendigkeit“ (16,6 Prozent) sowie Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln (14,9 Prozent). Auseinandersetzungen wegen Beitragsanpassungen erreichten einen Anteil von 6,2 Prozent und landeten auf Platz 5.

Bei Gebührenstreitigkeiten geht es üblicherweise um Fragen zur korrekten Abrechnung ärztlicher und zahnärztlicher Leistungen. Bei Auseinandersetzungen wegen medizinischer Notwendigkeit steht die Frage im Raum, ob eine Behandlung oder ärztliche Leistung tatsächlich erforderlich war - Voraussetzung für die Leistungspflicht in der PKV. Bei Streit wegen Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln geht es meist um verweigerte Kostenerstattungen. Die beim Ombudsmann landenden Streitfälle stellen allerdings nur den kleineren Ausschnitt aus dem Konfliktgeschehen insgesamt dar.
 

Die besondere Situation als Privatpatient

PKV-Versicherte befinden sich bezüglich ihres Krankenversicherungsschutzes in einer besonderen rechtlichen Konstellation und in einer manchmal unangenehmen „Zwischenposition“. Als Patienten sind sie Vertragspartner von Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken und sonstigen Gesundheitsanbietern und aus diesen Verträgen verpflichtet, insbesondere zur Zahlung für in Anspruch genommene medizinische Leistungen. Der Versicherungsvertrag existiert unabhängig davon und es besteht kein unmittelbarer und zwangsläufiger Zusammenhang zwischen Leistungsinanspruchnahme und Leistungserstattung. Daraus ergeben sich bereits viele mögliche Konfliktpotentiale.
 

Konflikte bereits im Vorhinein vermeiden

Jede Auseinandersetzung mit der Versicherung kostet Zeit, Ärger und womöglich auch eine Menge Geld. Man kann auch als Versicherter einiges dafür tun, dass es erst gar nicht dazu kommt.
 

1. Versicherungsvertrag vor Leistungsinanspruchnahme prüfen

Welche Leistungen tatsächlich in einem Tarif versichert sind, zeigt ein Blick in den Versicherungsvertrag und die Versicherungsbedingungen. Auch bei gleichartigen Tarifen können durchaus unterschiedliche Leistungsversprechen existieren. Allen PKV-Tarifen ist gemein, dass sie nur bei medizinischer Notwendigkeit leisten. Das sollte stets bei Behandlungen bedacht werden.
 

2. Rechnungen prüfen

Als Privatpatient ist man zunächst selbst in der Pflicht, Rechnungen für Behandlungen zu begleichen. Schon wegen möglicher Selbstbeteiligungen bei einem Tarif empfiehlt sich eine Prüfung, ob die Abrechnung auch korrekt ist. Gebühren für nicht erhaltene, unangemessene oder nicht durch die GOÄ (Gebührenordnung für privatärztliche Leistungen) gedeckte Leistungen müssen nicht gezahlt und von der Versicherung auch nicht erstattet werden.
 

3. Versicherungsleistung im Vorfeld abklären

Gerade bei kostenintensiveren Behandlungen ist eine vorherige Abklärung mit der Versicherung dringend zu empfehlen, ob die vorgesehenen Maßnahmen auch erstattet werden. Bei Zahnersatz oder kieferorthopädischen Behandlungen ist es zum Beispiel üblich und in der Regel von der Versicherung auch gefordert, vorab einen Heil- und Kostenplan einzureichen. Erst wenn eine Zusage für die Erstattung vorliegt, sollte die Behandlung in Angriff angenommen werden.
 

Auf Kulanz setzen - manchmal erfolgreich!

Bei einigen Behandlungen sind die Versicherer laut Vertrag oder Bedingungen nicht zur Leistung verpflichtet, erstatten aber doch - zumindest teilweise - die Kosten aus Kulanz. Typische Beispiele im Bereich der PKV sind

  • (erstmalige) Entwöhnungsbehandlungen bei stoffgebundenen Abhängigkeiten;

  • manche Impfungen;

  • intensivere Psychotherapien als laut Tarif erstattungsfähig.

Inwieweit Leistungen aus Kulanz erstattet werden, hängt von der Kunden- und Geschäftspolitik des jeweiligen Anbieters ab. Wenn die Leistung vertraglich nicht vereinbart oder sogar explizit ausgeschlossen ist, besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung. Kulanz kann auch nicht eingeklagt werden. Hier lassen sich Konflikte ebenfalls am besten vermeiden, wenn man vorher möglichst verbindlich klärt, ob eine Erstattung auf dem Kulanzweg erfolgen kann. Das erspart ein späteres „unangenehmes Erwachen“.
 

Begründungen, Stellungnahmen einholen

Es kommt häufiger vor, dass die Versicherung bei eingereichten Rechnungen die (vollständige) Erstattung zunächst verweigert, weil die Berechtigung einer Gebührenposition angezweifelt wird oder der abgerechnete Gebührensatz in Frage gestellt wird. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn ein höherer als der gängige 2,3fache Satz laut GOÄ abgerechnet wird, zum Beispiel der 3,5fache Satz als Regel-Höchstsatz.

Der 2,3fache Satz ist der Normalfall und steht für eine „mittlere medizinische Leistung“. Bei komplexen Krankheitsbildern und schwerwiegenden Erkrankungen mit erhöhtem Behandlungsbedarf ist aber auch eine Abrechnung bis zum 3,5fachen Satz möglich. Dies muss aber begründet sein. Fehlt die Begründung oder wird sie als nicht ausreichend angesehen, ist vom behandelnden Arzt/Krankenhaus nachträglich eine (ergänzende) Begründung oder Stellungnahme einzuholen oder ggf. eine Rechnungsanpassung zu fordern.

Es kommt hier ein Stück weit auf den „Goodwill“ des Rechnungstellers an. Bei plausiblen nachvollziehbaren Begründungen, der Vereinbarkeit mit der GOÄ und Zweckmäßigkeit der abgerechneten Leistung für die Behandlung sollte die Erstattung kein Problem sein, sofern die Leistung im betreffenden Tarif vorgesehen ist.

Bei Inanspruchnahme von Spezialisten kann es durchaus vorkommen, dass diese einen höheren als den 3,5fachen Satz verlangen. Das muss aber im Vorfeld explizit mit dem Patienten vereinbart sein. Hier empfiehlt sich auf jeden Fall vorab eine Abklärung mit der Versicherung bezüglich der Kostenerstattung. Es kommt dabei auch auf den jeweiligen Tarif an. Einige Tarife sehen Kostenerstattungen auch über den 3,5fachen Satz hinaus vor, andere nicht.
 

Ombudsmann PKV als Schlichtungsstelle

Für Streitschlichtungen zwischen Versicherten und PKV-Anbietern gibt es seit Oktober 2001 den Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung. Er bietet die Möglichkeit, Meinungsverschiedenheiten einvernehmlich ohne Gerichtsverfahren zu schlichten, wenn man in der direkten Auseinandersetzung mit der Versicherung nicht mehr weiter kommt. Der Ombudsmann ist für Streitigkeiten von Versicherten mit den am Verfahren teilnehmenden Krankenversicherungsunternehmen, Versicherungsvermittlern und Versicherungsberatern zuständig, nicht dagegen für Auseinandersetzungen mit behandelnden Ärzten oder Krankenhäusern, auch nicht für Streit mit der Beihilfestelle.

Bearbeitet werden Streitfälle im Bereich der privaten Krankenvollversicherung, der privaten Pflegeversicherung und von privaten Zusatzversicherungen. Voraussetzung ist, dass das Anliegen zuvor bereits erfolglos beim Versicherer geltend gemacht wurde, nicht bereits Gegenstand eines Prozesses ist und der fragliche Anspruch nicht schon verjährt ist. Nicht bearbeitet werden Bagatell-Streitigkeiten (Streitwerte bis 50 Euro).

Der Ombudsmann kann keine rechtskräftigen Urteile fällen wie ein Gericht, seine Entscheidungen sind nicht rechtsverbindlich. Das Beschreiten des Rechtswegs bleibt weiter möglich. In der Regel werden Schlichtungssprüche aber von den Versicherern akzeptiert, auch wenn sie zu ihren Lasten gehen. Die Inanspruchnahme des Ombudsmanns ist für Versicherte kostenfrei, nur Eigenkosten - zum Beispiel für Schriftwechsel, Kopien usw. oder für einen eventuell eingeschalteten Anwalt - müssen selbst getragen werden, auch bei Verfahrenserfolg. Der Ombudsmann bietet nichtsdestotrotz eine kostengünstige Möglichkeit, auch vor einem Rechtsstreit zu seinem Recht zu kommen.
 

Hier die Kontaktdaten:

OMBUDSMANN
Private Kranken- und Pflegeversicherung
Postfach 06 02 22
10052 Berlin

Telefon: 0800 2 55 04 44 (kostenfrei aus deutschen Telefonnetzen)
Telefax: 030 20 45 89 31

www.pkv-ombudsmann.de


Weitere Stellen, die man einschalten kann

Es gibt auch noch einige weitere Stellen, an die man sich bei Problemen mit dem Versicherer wenden kann. Anders als der Ombudsmann werden diese aber üblicherweise nicht streitschlichtend tätig. Sie leisten entweder nur Beratung, bieten Information oder prüfen Streitfälle im Rahmen ihrer Tätigkeit.
 

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

Die BaFin erfasst als für PKV-Anbieter zuständige Aufsichtsbehörde Beschwerden und geht ihnen bei der Aufsicht nach. Schlichtungsversuche finden im Bereich der PKV nicht statt.

www.bafin.de


OS-Plattform der EU-Kommission

Die EU-Kommission betreibt im Rahmen des Verbraucherschutzes eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) und bietet damit Verbrauchern ein reguliertes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten mit Unternehmen. Die direkte Auseinandersetzung mit dem Anbieter wird damit sozusagen in geordnete (Onilne-)Bahnen gelenkt. Die Plattform ist nicht spezifisch auf PKV-Unternehmen oder Versicherungen ausgerichtet, sondern branchen- und produktübergreifend ausgelegt.

OS-Plattform der EU


Verbraucherzentralen

Die Verbraucherzentralen in Deutschland bieten vor allem Information und Beratung im Zusammenhang mit PKV-Problemen. Sie erfassen auch Beschwerden und nutzen sie für ihre laufende Marktbeobachtung. Die Verbraucherzentralen sind dezentral auf Landesebene mit Beratungsstellen vor Ort organisiert. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fungiert als Dach. Allgemeine Informationen werden großteils kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Beratung ist teilweise kostenpflichtig. Streitschlichtungen gehören nicht zum Leistungsangebot.

verbraucherzentrale.de
 

Rechtliche Klärung vor Gericht als Ultima Ratio

Die rechtliche Auseinandersetzung sollte das letzte Mittel der Wahl sein und stellt die Möglichkeit dar, einen Konflikt zu klären, wenn vorher alle anderen Versuche gescheitert sind. Es gab schon viele Urteile, in denen Versicherte „ihr gutes Recht“ erfolgreich erstritten haben, allerdings gilt das auch für die Gegenseite.

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts und die Kosten eines Gerichtsverfahrens sind erheblich und erreichen schnelle mehrere tausend Euro. Wenn keine Rechtsschutzversicherung besteht, die solche Kosten auch übernimmt, bedeutet der Gang vor Gericht ein beträchtliches finanzielles Risiko. Man sollte seiner Sache schon ziemlich sicher sein, um dieses Risiko in Kauf zu nehmen.

Bis es zu einem rechtskräftigen Urteil kommt, kann es etliche Monate dauern - insbesondere bei Verfahren durch mehrere Instanzen. Der Rechtsweg erübrigt sich zum Glück in den allermeisten Fällen, weil die Streitigkeit schon vorher beigelegt werden konnte, in der Regel einvernehmlich.