9 von 10 Deutschen sind gesetzlich krankenversichert. Dieser deutliche Überhang der gesetzlichen Krankenversicherung liegt daran, dass es Aufnahmekriterien für die PKV gibt: Selbstständige, Freiberufler und Beamte können sich aufgrund ihres Status privat krankenversichern lassen, wobei die Höhe der Einkünfte keine Rolle spielt. Dies ist bei Angestellten nicht der Fall: Sie müssen die Jahresarbeitsentgeltgrenze von derzeit 54.900 Euro brutto dauerhaft übertreffen, um sich privat krankenversichern lassen zu können. In diesem Fall spricht man auch von der Befreiung von der Versicherungspflicht. Wer dieses Kriterium als Angestellter nicht erfüllt, kann aber mit einer privaten Zusatzversicherung das Leistungsspektrum in ausgewählten Bereichen gezielt verbessern. In der GKV wird jeder Versicherte aufgenommen, was in der PKV aufgrund vorgesehener Gesundheitsprüfungen nicht immer der Fall sein muss. Letztlich müssen Interessenten prüfen, ob sie die Zugangsvoraussetzungen ggf. dauerhaft erfüllen. Auch sollte die Entscheidung gut durchdacht werden, da sie von nachhaltiger Natur ist: Ein späterer Rückwechsel (vor allem in der Nähe des Rentenalters) kann schwierig werden. Finanziell unvorteilhaft ist ein solcher Wechsel allemal, da in der PKV Rückstellungen für das Alter aufgebaut werden.
Private oder gesetzliche Krankenversicherung: Was Interessenten in diesem Beitrag erfahren
In diesem Beitrag werden die grundlegenden Systemunterschiede kompakt erläutert, sodass Vorteile und Nachteile beider Versicherungsformen mit Blick auf die eigene Lebenssituation besser eingeschätzt werden können. Handlungsorientierte Betrachtungen am Ende sollen dabei helfen, eine fundierte Entscheidung für die eigene Gesundheit treffen zu können. Interessenten sollten sich vor Augen halten, dass nicht nur die Kosten, sondern vor allem die möglichen Leistungen betrachtet werden sollten. Und gerade hier offenbaren beide Versicherungsformen deutliche Unterschiede.
Grundlegende Systemunterschiede zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung
In der gesetzlichen Krankenversicherung herrscht ein einheitlich definierter Versicherungsschutz, wobei dieser in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen hat, sodass hohe Zuzahlungen vor allem im Bereich Zahnersatz keine Seltenheit mehr sind. Durch den seit wenigen Jahren geltenden einheitlichen Beitragssatz sind auch die Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Kassen immer geringer geworden. In der PKV dagegen haben Versicherte die Wahl zwischen mehreren Tarifen, wobei einzelne Bausteine gezielt gewählt werden können. Wer großen Wert darauf legt, kann etwa ein Einzelzimmer inklusive Chefarztbehandlung mit versichern. Die Höhe der Beiträge hängt in der PKV neben dem Eintrittsalter und etwaigen Gesundheitsrisiken im Wesentlichen von den gewählten Leistungen ab. Daraus folgt als großer Vorteil, dass die Beiträge mit höherem Einkommen nicht automatisch steigen, so wie sie es in der GKV bis zur aktuellen Beitragsbemessungsgrenze tun. Auf diese Weise kann der Beitrag aktiv gesteuert werden, auch durch die Höhe eines jährlichen Selbstbehaltes. In der GKV dagegen sind die Beiträge starr bzw. einheitlich: Gerade Selbstständige landen oft beim monatlichen Höchstsatz von deutlich über 600 Euro, sobald die Einkünfte eine gewisse Grenze überschreiten. Insofern ist die private Krankenversicherung allemal eine prüfenswerte Option. Junge und gesunde Versicherte zahlen oft weniger als in der GKV. Und durch die Bildung von Rücklagen für das Alter und weitere vertragliche Entlastungskomponenten können Versicherte in der PKV schon heute dafür sorgen, dass die Beiträge auch im Alter bezahlbar bleiben. Mit Blick auf die Kostenentwicklung gilt für beide Versicherungssysteme, dass die Beiträge auf lange Sicht steigen werden. Der medizinische Fortschritt, eine steigende Lebenserwartung sowie die Alterung der Gesellschaft insgesamt sind die Hauptgründe hierfür. Der Faktor Beitrag kann also nicht das wichtigste Auswahlkriterium sein, zumal auch privat versicherte Angestellte einen Zuschuss von ihrem Arbeitgeber erhalten.
Leistungsprinzipien in beiden Versicherungssystemen
In der gesetzlichen Krankenversicherung herrscht über die Kosten keine Klarheit, denn Ärzte rechnen direkt mit den Krankenkassen ab. In der PKV jedoch kann der Patient anhand von Rechnungen genau nachvollziehen, wofür welche Kosten entstehen. Hier greift das Erstattungsprinzip, d.h. die private Krankenversicherung trägt die entstandenen Kosten je nach vereinbartem Versicherungsumfang. Leistungen in der GKV werden vom Gesetzgeber (konkret im 5. Sozialgesetzbuch) geregelt, durch Reformen kann es jederzeit zu Einschränkungen kommen. Auch bei der Behandlung (inkl. Medikamenten) muss nicht immer die beste Lösung zugänglich sein. In der PKV sind die Leistungen vertraglich vereinbart und somit dauerhaft gesichert. Zudem muss der Versicherte hier nicht mit einem Einheitstarif wie in der GKV vorlieb nehmen: Er kann sich seinen Leistungsumfang bzw. die einzelnen Bausteine ganz nach seinen Wünschen zusammenstellen. In dieser Hinsicht erlaubt die private Krankenversicherung ein höheres Maß an Planungssicherheit mit Blick auf die eigene Gesundheit. Insgesamt haben Privatpatienten abgesehen von kürzeren Wartezeiten bei Fachärzten einen direkten Zugriff auf modernste Behandlungsmethoden. Anders als in der GKV sind Ärzte nicht an strikte Vorgaben gebunden, sodass sie die vermeintlich beste Lösung wählen können.
Verpflichtend für die Aufnahme in die private Krankenversicherung ist – im Gegensatz zur GKV – eine Gesundheitsprüfung, um eventuelle Risiken für die Beitragshöhe zu bemessen. Bestimmte Vorerkrankungen können in Form von Risikozuschlägen dazu führen, dass der Beitrag steigt. In der GKV sind solche Risikozuschläge nicht vorgesehen. Hier zeigt sich ein weiterer Systemunterschied: Die gesetzliche Krankenversicherung arbeitet nach dem Solidaritätsprinzip, die PKV nach dem Äquivalenzprinzip. Konkret bedeutet dies, dass ein gesetzlich Versicherter auch dann zahlt, wenn er über Jahre keine Leistungen in Anspruch genommen hat. In der PKV sind hierfür attraktive Beitragsrückerstattungen vorgesehen, die aber nicht als Aufforderung verstanden werden sollten, aus Kostengründen nicht den notwendigen Gang zum Arzt zu unternehmen.
Langfristig denken: der Aspekt der Familienversicherung
Dass die Entscheidung für oder gegen ein Versicherungssystem von nachhaltiger und durchdachter Natur sein sollte, macht der Aspekt der Familienplanung deutlich. In der gesetzlichen Krankenkasse gibt es die Möglichkeit der kostenlosen Mitversicherung für Ehepartner und Kinder. In der PKV ist dies nicht möglich, hier muss jeder Versicherte einen eigenen Vertrag mit entsprechenden Kosten abschließen. Wer also plant, eine Familie zu gründen, wird in der PKV mit höheren Kosten buchstäblich rechnen müssen. Je nach persönlicher Einkommenssituation muss dies aber kein Ausschlusskriterium sein. Um eine gewisse Kostenkontrolle zu erlangen, ließe sich der Versicherungsumfang in der PKV auch reduzieren, sodass ein wünschenswertes Maß an Flexibilität gegeben ist. Auch besteht grundsätzlich die Möglichkeit, in den einheitlichen Basistarif der PKV zu wechseln, der in puncto Kosten und Leistungsumfang in etwa der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht.
Die Entscheidung ist getroffen: Aber was ist mit einem späteren Wechsel?
Grundsätzlich ist ein späterer Rückwechsel unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Da aber in der PKV Rücklagen gebildet werden, ist eine solche Entscheidung finanziell nicht vorteilhaft, da nicht die gesamte Höhe der Rücklagen genutzt werden kann. Angestellte, die mit ihrem Gehalt unter die Versicherungspflichtgrenze fallen, können sich wieder gesetzlich krankenversichern lassen. Sollte diese Entwicklung nur von kurzer Dauer sein, kann eine Anwartschaftsversicherung den erworbenen Status in der PKV kostengünstig sichern. Für ältere Versicherte ist der Wechsel deutlich schwieriger. Der Gesetzgeber will so verhindern, dass die Vorteile beider Systeme zu bestimmten Lebensphasen ausgenutzt werden. Auch hier verdeutlich sich wieder, dass die Entscheidung für oder gegen ein System langfristig gedacht werden sollte.
Vorteile der privaten Krankenversicherung
- beeinflussbare Beiträge, unabhängig vom Einkommen
- wesentliche Mehrleistungen im Vergleich zur GKV
- optimale Gesundheitsversorgung im Krankheitsfalle
- flexible Anpassung des Tarifes/der versicherten Leistungen
- Beitragssenkung durch Selbstbehalte und die steuerliche Absetzbarkeit
- im Falle der Nicht-Inanspruchnahme genießen Versicherte hohe Beitragsrückerstattungen
- Den besten Tarif finden: was zu beachten ist
Der Blick auf den reinen Beitrag mag beruhigen, viel wichtiger ist aber die Entwicklung in den letzten Jahren. Ein Blick in die Geschäftszahlen verrät sehr schnell, wie ein privater Krankenversicherer diesbezüglich aufgestellt ist. Ein stetiger Zufluss von jungen Versicherten ist der beste Garant für dauerhaft niedrige Beiträge. Aufgrund der Wettbewerbssituation lohnt sich der Vergleich im Bereich der privaten Krankenversicherung natürlich mehr, zumal Beiträge und Leistungen in der GKV im Grunde einheitlich sind. Unterschiede treten allenfalls bei der Höhe etwaiger Zusatzbeiträge sowie bei bezahlten Zusatzleistungen an (man denke etwa an bestimmte Gesundheitskurse). In der PKV kommt es nicht nur auf den reinen Beitrag, sondern eventuelle Zusatzbausteine an. Insofern ist eine zusätzliche Beitragsentlastungskomponente dringend zu empfehlen, um die Beiträge auch im Rentenalter stabil zu halten. Vorerkrankungen müssen bei der Gesundheitsprüfung angegeben werden, andernfalls kann sich der Versicherer weigern, Leistungen zu erbringen. In der GKV gibt es sie nicht, mit Blick auf die PKV sind so genannte ‚Lockvogeltarife‘ aber mit Vorsicht zu genießen. Wirklich günstig ist ein Tarif, wenn er auf lange Sicht eine stabile Entwicklung ermöglicht. Und ohnehin ist der Beitrag für junge und gesunde Versicherte wesentlich günstiger als für ältere Versicherte. Auch bei der Auswahl des Tarifes und der Bausteine sollte also langfristig gedacht werden.
Fazit: Versicherte und die vermeintliche Zwei-Klassen-Medizin
90 % der Versicherten sind in der gesetzlichen Krankenversicherung und die große Mehrheit ist zufrieden. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung wird ein hoher Standard geboten, der weltweit große Anerkennung findet. Von der Zwei-Klassen-Medizin, wie sie in den Medien oft beschrieben wird, kann also keine Rede sein. Wenn man so will, dann bietet die PKV einen durchaus bezahlbaren Luxus, die Gesundheitsversorgung auf ein noch höheres Niveau zu heben, und dies völlig individuell und flexibel. Hier zeigt sich der große Systemvorteil der PKV, der Interessenten unter den dargelegten Voraussetzungen offen steht. Gerade das Thema der Familienversicherung verlangt es aber, sich mit langfristig entstehenden Kosten auseinanderzusetzen. Da auch der Wechsel zwischen den Systemen nur unter gewissen Voraussetzungen möglich ist, sollte die Entscheidung nachhaltig durchdacht sein. Gesetzlich Versicherte, die ihren Leistungsstandard gezielt aufwerten wollen, können dies flexibel und kostengünstig mit einer privaten Zusatzversicherung tun.
Übersicht in der Zusammenfassung: die wichtigsten Unterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung
- Beiträge: in der GKV steigend mit dem Einkommen aufgrund eines einheitlichen Beitragssatzes (zuzüglich eventueller Zusatzbeiträge) bis zur Beitragsbemessungsgrenze, in der PKV unabhängig vom Einkommen (Alter und Gesundheitsfaktoren sind entscheidend)
- Zugang/Voraussetzungen: die GKV steht jedem offen, in der PKV können Beamte, Freiberufler, Selbstständige und Angestellte mit einem Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze aufgenommen werden
- Leistungen: in der GKV gilt ein fester Katalog (kaum Unterschiede zwischen den Kassen), in der PKV kann ein optimal zugeschnittener Tarif gewählt werden
- Leistungsumfang: in der gesetzlichen Krankenversicherung schrumpft der Leistungskatalog kontinuierlich, in der PKV gilt der vertraglich fest vereinbarte Versicherungsumfang
- Familienversicherung: in der GKV für Ehepartner und Kinder kostenlos möglich, in der PKV muss für jedes Familienmitglied ein eigener Vertrag abgeschlossen werden
- steuerliche Absetzbarkeit: ist für beide Versicherungsformen mit dem Bürgerentlastungsgesetz aus dem Jahre 2010 in größerem Maße gegeben
- Abrechnung: in der GKV rechnen Ärzte direkt mit den Kassen ab, in der PKV herrscht das Erstattungsprinzip (Versicherte haben so einen Überblick über alle Kosten)
- Systemwechsel: ein Rückwechsel ist nur unter gewissen Voraussetzungen möglich und finanziell nicht immer vorteilhaft