
Wer Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, weiß in der Regel um die beschränkten Leistungen der GKV bei Zahnbehandlungen. Nicht ohne Grund verfügen rund 16 Mio. Kassenmitglieder über privaten Zahnzusatzschutz. Gerade bei Zahnersatz sind die Leistungen der GKV ziemlich lückenhaft. Gezahlt werden nur Festzuschüsse, die in vielen Fällen nur einen Teil der Kosten decken. Der nicht selten größere Rest ist ohne Zusatzversicherung aus eigener Tasche zu zahlen. Das kann schnell mehrere tausend Euro kosten.
Um Geld zu sparen, weichen etliche Kassenpatienten mit Zahnersatz-Bedarf ins EU-Ausland aus - bevorzugt zu Zahnärzten in den mittel- und osteuropäischen Ländern, zum Beispiel nach Polen oder Ungarn. Hier sind neue Zähne oft wesentlich günstiger zu haben. Die deutschen Krankenkassen leisten zwar im Prinzip nur für Behandlungen im Inland. Aufgrund des EU-Rechts sind im Allgemeinen aber auch Arztbesuche im EU-Ausland von der Leistungspflicht erfasst. Damit kann eine deutsche Krankenkasse auch für Zahnersatz in Polen in die Pflicht genommen werden. Allerdings gelten dafür bestimmte Voraussetzungen. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 14. Mai 2019 - L 4 KR 169/17).
Frau aus Niedersachsen mit polnischem Zahnersatz
In dem Fall ging es um Zahnersatz für eine Frau aus dem niedersächsischen Landkreis Helmstedt. Sie benötigte im Ober- und Unterkiefer große Brücken. Für die Behandlung hatte sie sich von ihrem heimischen Zahnarzt einen Behandlungs- und Kostenplan erstellen lassen. Danach beliefen sich die Kosten für die Brücken-Maßnahme auf insgesamt 5.000 Euro. Die Krankenkasse sagte dafür aber nur 3.600 Euro an Festzuschüssen zu. Der Rest von 1.400 Euro wäre selbst zu zahlen gewesen. Um dies zu vermeiden, ließ die Frau sich die Brücken von einer Zahnärztin in Polen einsetzen. Die berechnete dafür lediglich 3.300 Euro.
Als die Frau deren Rechnung bei ihrer Krankenkasse einreichte, erstattete diese nur die Kosten für die Oberkiefer-Brücke, rund 1.700 Euro. Die Erstattung für die Unterkiefer-Brücke wurde abgelehnt, weil die Brücke nicht dem in Deutschland üblichen technischen Standard entspreche. Dies hatte eine Prüfung und Bewertung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen ergeben. Einem Widerspruch gegen die Entscheidung entsprach die Krankenkasse nicht. Die Frau klagte daraufhin vor dem Sozialgericht Braunschweig, das der Klägerin Recht gab. In der Berufung landete das Verfahren dann vor dem Landesozialgericht.
Heil- und Kostenplan - auch bei Auslandsbehandlung!
Die Richter entschieden hier gegen die Klägerin. Nicht, weil die Brücke mangelhaft war, sondern weil für die Behandlung im Ausland keine extra Genehmigung von der Krankenkasse eingeholt worden war. Für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse sei es zwar zulässig, auch eine Behandlung im EU-Ausland vornehmen zu lassen. Dazu sei aber ein Heil- und Kostenplan des behandelnden Arztes vorzulegen. Die Kasse müsse die Gelegenheit haben, vorab die Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit der Behandlung im Ausland zu prüfen, argumentierten die Richter. Der Verweis auf einen bereits bestehenden Heil- und Kostenplan vom deutschen Zahnarzt, der die Behandlung gar nicht durchgeführt habe, und die darauf erfolgte Zusage der Krankenkasse genüge nicht.