PKV der Zukunft - neue Chancen, neue Herausforderungen.

News-Artikel vom: 18.12.2022

Die Positionierung als Gesundheitsdienstleister, Wachstum im operativen Geschäft, Prozessautomatisierung und Digitalisierung sind die größten Herausforderungen der PKV-Branche in der nächsten Zukunft. Das gilt zumindest, wenn man der Unternehmensberatung Deloitte folgt. Im Rahmen einer Studie unter dem Titel PKV der Zukunft - Neue Chancen, neue Herausforderungen“ hat Deloitte Entscheidungsträger bei 19 deutschen privaten Krankenversicherern zu ihrer Einschätzung der aktuellen Lage und zur künftigen Entwicklung befragt. Die Ergebnisse der Untersuchung im Folgenden im Überblick.
 

Fachkräftemangel wird zunehmend zum Problem

Der Fachkräftemangel ist inzwischen auch bei den privaten Krankenversicherern angekommen. Die meisten Befragten sagten, dass es in den kommenden Jahren noch schwerer werde als heute schon, qualifizierte Fachkräfte für ihre Unternehmen zu finden. Der demografische Wandel und der Renteneintritt der Babyboomer-Generation machen sich verstärkt bemerkbar.
 

Nachhaltigkeitsorientierung (nicht nur) bei Kapitalanlagen

Die privaten Krankenversicherer gehören zu den größten institutionellen Investoren im Land. Ihre Kapitalanlagen erreichen die Dimension des Bundeshaushalts. Viele Unternehmen achten bei ihren Investments zunehmend auf ESG-Kriterien. Es zählen nicht mehr alleine Rendite und Risiko. Auch bei den Unternehmensprozessen wird verstärkt auf nachhaltige Gestaltung geachtet. „Klimagerechtigkeit“ ist in der PKV ein Thema.
 

Positionierung als Gesundheitsdienstleister nicht immer einfach

Regulatorische Rahmenbedingungen - zum Beispiel Datenschutzbestimmungen, BaFin-Auflagen und andere rechtliche Restriktionen - erschweren eine positive Positionierung als Gesundheitsdienstleister. Ein weiteres Problem: viele Kunden sehen ihre Versicherung nach wie vor mehr als Kostenerstatter. Angebotene Gesundheitsservices werden zwar als wichtig angesehen, aber tatsächlich zum Teil nur mäßig genutzt. Eine weitere Herausforderung ist laut Befragung die Evaluierung von Gesundheits-Services. Nicht selten mangele es an aussagekräftigen Auswertungen - eine genaue Positionsbestimmung sei daher kaum möglich.
 

Ein wichtiges Aktivitätsfeld: neue Produkte

In der Krankenzusatzversicherung wird nach wie vor ein Wachstumsfeld gesehen. Allerdings herrscht hier ein besonders harter Wettbewerb in der Branche. Einige Versicherer konnten profitieren, andere mussten Marktanteilsverluste hinnehmen. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen hat in den beiden letzten Jahren neue Produkte zur betrieblichen Krankenversicherung auf den Markt gebracht. Weitere Unternehmen planen ein Angebot. Mittel- bis langfristige Chancen könnte auch die betriebliche Pflegeversicherung bieten. In der privaten Krankenvollversicherung werden dagegen nur noch begrenzte Wachstumsmöglichkeiten gesehen.
 

Digitalisierung von Prozessen

Der Großteil der Krankenversicherer setzt auf den Ausbau von Kundenschnittstellen und die Optimierung der Leistungsbearbeitung mit Hilfe digitaler Prozesse. Dabei sind auch noch manche Schwierigkeiten zu überwinden. Wichtigste Handlungsfelder bei der Optimierung und Digitalisierung sind die Dunkelverarbeitung (für Kunden nicht einsehbare und beeinflussbare Prozesse), Bearbeitungszeiten und Inputmanagement.
 

Predictive Analytics und KI

Datenanalyse und Datenprognose werden für die Optimierung von Serviceangeboten, Antragsprozessen und im Leistungsmanagement immer wichtiger. Erst jedes fünfte PKV-Unternehmen nutzt bereits Predictive Analytics (datenbasierte Voraussagen), die meisten Versicherer planen die Nutzung. Auch dem Einsatz von KI wird eine weiter zunehmende Bedeutung beigemessen.
 

Geschäftsentwicklung 2021: überwiegend zufrieden

Die große Mehrzahl der Befragungsteilnehmer (84 Prozent) war mit der Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr zufrieden. Gründe dafür: ein positives Neugeschäft, erfolgreich eingeführte Produktinnovationen, gute Schadenquoten und eine zufriedenstellende Entwicklung des Gesamtbestands. Besonderes Potenzial sieht man bei der betrieblichen Krankenversicherung. Das Bild wird durch das schwache Geschäft in der Pflegezusatzversicherung getrübt. Hier zeigen sich fast vier von fünf Befragten unzufrieden.
 

COVID-19-Pandemie und die Folgen

Die Teilnehmer bewerteten einhellig das Pandemie-Geschehen als Beschleuniger für die Digitalisierung. Betriebsorganisation und Prozesse haben einen Modernisierungsschub erfahren. Bei den Beitragseinnahmen waren kaum Corona-Effekte festzustellen. Bezüglich der Leistungsausgaben sei es noch zu früh für eine abschließende Bewertung. Die Pandemie habe kostenmäßig zu Zusatzbelastungen geführt aber auch Entlastungen durch verschobene Operationen und ausgefallene Behandlungen bewirkt. Längerfristige Ausgabenwirkungen durch Long COVID, psychische Spätfolgen oder Nachholeffekte ließen derzeit nur schwer einschätzen.
 

Bürgerversicherung erst mal auf Eis

Befürchtungen wegen einer Bürgerversicherung im Zuge der neuen Regierungskonstellation nach der Bundestagswahl haben sich nicht bewahrheitet. Eine latente Bedrohung für die PKV-Branche bleibt die mögliche Ausweitung des Hamburger Modells auf weitere Bundesländer. Ansonsten herrscht an der „Bürgerversicherungs-Front“ bis auf weiteres Ruhe.

 


 

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