
Die elektronische Patientenakte - kurz: ePa - soll ein Meilenstein bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen sein. Bereits seit Anfang 2021 können gesetzlich Krankenversicherte die Akte für Ärzte, Therapeuten, Apotheken und weitere Gesundheits-Dienstleister freigeben. Die ePa-Funktionalität soll bis 2023 schrittweise erweitert werden. Und auch eine Anbindung von Privatpatienten ist vorgesehen, sobald für die PKV Zugang zur Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen besteht.
Fachleute setzen in die ePa große Hoffnungen. Sie soll der bisher nur schleppend verlaufenen Digitalisierung im Gesundheitswesen neuen Schub verleihen. Außerdem soll dadurch die Leistungserbringung effizienter werden. Entscheidend für die „Durchschlagskraft“ der Innovation ist allerdings die Akzeptanz durch die Versicherten. Denn sie sind es, die die Datennutzung autorisieren müssen.
Drei von fünf GKV-Mitgliedern kennen die ePa nicht
Die Versicherungsrating-Agentur Assekurata hat vor diesem Hintergrund die Einstellung von Versicherten zur ePa näher untersucht. Befragt wurden insgesamt 630 Versicherte, davon 311 Kassenmitglieder und 319 Privatversicherte. Dabei gab es interessante Unterschiede. Zu berücksichtigen ist, dass GKV-Mitglieder die Patientenakte bereits nutzen können, während sie für Privatversicherte bislang nur Theorie ist.
Von den befragten Kassenmitgliedern ist 61,7 Prozent die ePa bisher nicht bekannt gewesen. Angesichts der Tatsache, dass das Angebot bereits seit fast anderthalb Jahren existiert, kein berauschender Befund. Weitere 32,5 Prozent kennen die Akte, nutzen sie aber nicht. Registriert haben sich rund 4,5 Prozent - weniger als jeder Zwanzigste - und aktiv genutzt wird sie von 1,3 Prozent - etwa jedem Achtzigsten.
Jüngere am wenigsten informiert und interessiert
Interessanterweise ist die Unkenntnis bei jüngeren GKV-Versicherten am weitesten verbreitet. In der Altersgruppe 18 bis 29 Jahre ist die ePa nur 17,9 Prozent bekannt, am besten informiert zeigen sich die 50- bis 59jährigen. In dieser Altersgruppe ist die elektronische Patientenakte fast der Hälfte ein Begriff. Allerdings haben 40,7 Prozent sie noch nicht heruntergeladen und auch hier nutzen nur 1,7 Prozent das digitale Angebot aktiv. Das geringe Interesse der ansonsten digital-affinen Jüngeren dürfte damit zusammenhängen, dass Gesundheitsthemen in der Altersgruppe generell weniger von Bedeutung sind - man ist einfach gesund.
Privatversicherte aufgeschlossen - tatsächliche Nutzung offen
Die befragten Privatversicherten waren gegenüber der ePa recht aufgeschlossen. 75,9 Prozent gaben an, sich die Nutzung der Akte vorzustellen zu können. 24,1 Prozent wollten von einem Angebot keinen Gebrauch machen. Bei diesem recht hohen Zustimmungswert ist allerdings zu berücksichtigen, dass zwischen möglicher Absicht und tatsächlicher Ausführung eine erhebliche Diskrepanz bestehen kann.
Die wichtigsten Hemmnisse - Unwissen, Datenschutzbedenken, zögerliche Ärzte
Befragt nach den Hinderungsgründen für die Nutzung der elektronischen Patientenakte zeigte sich bei Privatversicherten und Kassenpatienten ein jeweils deutlich anderes Bild, was allerdings auch der unterschiedlichen ePa-Verfügbarkeit in beiden Gruppen geschuldet ist.
Bei GKV-Mitgliedern ist das Haupt-Hemmnis die Nichtbeschäftigung mit dem Thema. 38,3 Prozent der Nichtnutzer gaben dies an. Zweitwichtigster Hinderungsgrund ist die fehlende Nutzung der ePa durch die Ärzte (23,5 Prozent), gefolgt von Bedenken wegen Datensicherheit (19,1 Prozent) und Irrelevanz der angebotenen Funktionalitäten (16,5 Prozent).
Bei den privatversicherten Teilnehmern stehen dagegen Bedenken wegen Datenschutz und Datensicherheit ganz oben (59,2 Prozent) auf der Liste der Hinderungsgründe für ePa-Nutzung. Zweitwichtigster Grund ist die fehlende ePa-Nutzung durch Ärzte (48,3 Prozent) - im PKV-Bereich mangels Verfügbarkeit eine Tatsache. Weitere wichtige Hemmnisse: fehlende ePa-Einbindung im Kundenportal der eigenen Versicherung (25,1 Prozent) und Bedenken wegen eines komplexen Registrierungsprozesses (22,6 Prozent).
Noch viel Information und Aufklärung nötig
Insgesamt weisen die Befragungsergebnisse darauf hin, dass noch viel Informations- und Aufklärungsarbeit bezüglich der ePa zu leisten ist. Der Bekanntheitsgrad ist bescheiden, ebenso die Nutzung, dort wo sie bekannt und möglich ist. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Versicherten, sondern auch für die Ärzteschaft als wichtigstem Player auf der medizinischen Versorgungsseite.