
Privater Krankentagegeldschutz ist für Selbständige und Freiberufler wichtig – egal ob sie zum ermäßigten Satz in der GKV oder privat krankenversichert sind. Das Krankentagegeld dient dazu, Verdienstausfälle bei Krankheit abzufedern. Es wirkt damit gerade bei längeren Erkrankungen existenzsichernd. Die Höhe des Krankentagegeldes bemisst sich prinzipiell am vereinbarten Tagessatz, der auf der Grundlage des erzielten Einkommens ermittelt wird.
Problem schwankender Einkünfte
Bei Selbständigen und Freiberuflern ist das insofern ein Problem, als ihre Einkünfte üblicherweise nicht regelmäßig konstant sind, sondern schwanken. Das konnte bisher aufgrund bestimmter Vertragsklauseln zu unliebsamen Überraschungen beim Krankentagegeldschutz führen, wenn die Krankenversicherung das Krankentagegeld aufgrund einer Klausel im Versicherungsvertrag kürzte. Der BGH hat jetzt in einem Urteil das Recht der Versicherten in diesem Kontext gestärkt (BGH: Urteil vom 6. Juli 2016, IV ZR 44/15).
Im vorliegenden Fall hatte ein selbständiger Ofensetzer- und Fliesenlegermeister geklagt. Er hatte mit seiner Versicherung einen Kankengeldtagesatz von 100 Euro vereinbart. Als der Versicherungsnehmer der Krankenkasse im Jahr 2012 einen Steuerbescheid für 2010 vorlegte, kürzte das Unternehmen das Tagegeld auf 62 Euro. Dabei wurde Bezug genommen auf § 4 Absatz 4 der Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung. Dort heißt es:
„Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, dass das Nettoeinkommen der versicherten Person unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist, so kann er … das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen.“
Einseitige Benachteiligung und intransparent
Der BGH erklärte diese Klausel in seinem Urteil für unwirksam. Er begründete das in mehrfacher Hinsicht. Die Bestimmung benachteilige betroffene Versicherungsnehmer in unangemessener Weise, da sie es dem Versicherer einseitig gestatte, seine zukünftige Leistung herabzusetzen. Dabei würden weder die Belange des Versicherungsnehmers ausreichend berücksichtigt, noch sei ein angemessener Ausgleich vorgesehen.
Die Klausel würde es theoretisch sogar zulassen, die Leistungen schrittweise bis auf Null zu reduzieren, wenn das Einkommen aufgrund von Arbeitsunfähigkeit immer geringer werde. Damit sei aber der eigentliche Sicherungszweck in Frage gestellt.
Bemängelt wurde auch die mangelnde Transparenz der Klausel. Versicherungsnehmer könnten durch die Bestimmung die Entwicklung ihres Versicherungsschutzes nicht ausreichend abschätzen. Außerdem würden der zugrunde gelegte Stichtag, das relevante Einkommen und die Art der Berechnung nicht genügend konkretisiert.
Für betroffene Selbständige und Freiberufler ist das Urteil eine gute Nachricht. Denn oft schleppen sie sich bei Krankheit noch eine ganze Weile durchs Geschäft – mit sinkenden Einnahmen als Konsequenz. Bisher wurden sie mit der Klausel dafür beim Krankentagegeld noch bestraft.
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